Die eisernen Kreuze by Cornel Dimovici

Die eisernen Kreuze by Cornel Dimovici

Autor:Cornel Dimovici [Dimovici, Cornel]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Karin Fischer
veröffentlicht: 2017-03-15T00:00:00+00:00


Die Fremdenlegion

Die vier Monate Grundausbildung in Castelnaudary waren die Hölle! Oder schlimmer! Stephan wollte jeden Abend desertieren, plante und bereitete sich vor, aber morgens vergaß er alles, dachte an nichts mehr, wusste nichts mehr, und es interessierte ihn nichts mehr. Und er hatte immer Hunger. Alle hatten Hunger. Und der Schweiß und diese betäubende Müdigkeit und das Geschrei der Befehle … Erschöpfung und Sehnsucht nach einem Bett, nach Essen und nach einem Bier … Nichts mehr …

Stephan verlor irgendwann jegliches Zeitgefühl, war wie in Trance, führte automatisch Bewegungen aus, und wollte nur, dass die Zeit schneller und schneller vergeht. Er konnte nicht mehr. Markus und Simone und alle anderen wurden ihm gleichgültig … Er hatte keine Rettung mehr!

Als die vier Monaten vorbei waren, bekamen die Legionäre fünf Tage frei, und sie fuhren nach Paris. Es war eine Reise in ein schon vergessenes, unwirkliches Paradies. Die Stadt im Herbst und dieser lange Abschied von der Welt, von Europa und von Simone. Diese immense, maßlose Traurigkeit, diese Hoffnungslosigkeit hatte die letzten Tage mit seiner Liebe bedrückt. Seiner größten Liebe. Er wusste, er begriff, dass alles verloren war. Die Zeit mit Simone, die schönste Zeit seines Lebens, die hellste und die menschlichste, war schon Vergangenheit.

Dann die Einschiffung in Marseille, die Überfahrt nach Algier, die Monate in der Wüste und die Vorbereitung für Indochina. Im Dezember, nach einem traurigen, afrikanischen Weihnachten, wurden die zwei Kompanien des ersten Bataillons des zweiten Regimentes der Fremdenlegion auf einen traurigen, alten Truppentransporter, Athos, geladen und Richtung Suez gefahren. Die Mehrheit der Legionäre waren Deutsche, der Rest ehemalige Angehörige der Wehrmacht aus fast alle europäischen Ländern sowie Belgier oder Franzosen die in der SS-Brigade »Charlemagne« gekämpft hatten. Es bildeten sich allmählich kleine oder größere Cliquen der einzelnen Nationalitäten, die Deutschen übten die ganze Zeit Heimatlieder, und alle anderen sangen mit. Die französischen Offiziere mischten sich nicht ein und verbrachten die meiste Zeit in einer Bar mit Poker und Domino. Alle waren jung, die wenigsten hatten einen Krieg erlebt, da die älteren Offiziere schon seit Jahren in Indochina kämpften … Auf dem Schiff gab es mehrere jungen Frauen, Angehörige des weiblichen Hilfspersonals, die sich zurückhaltend verhielten …

Alle waren gut gelaunt, befreit von der Kaserne und von der trockenen, misstrauischen, befremdlichen algerischen Landschaft. Die Kajüten waren überbelegt, verbraucht und stickig, und die Legionäre verbrachten die meiste Zeit auf Deck, spielten alle möglichen Spiele, sangen und erzählten von Zuhause …

Als das Schiff südlich von Kreta fuhr, es war neblig, aber sehr warm, dachten Markus und Stephan traurig und verträumt an ihre erste Seereise nach Kreta, auf dem Segelschiff des Königs, und sie verloren jegliches Zeitgefühl … Die verpassten zehn Jahre waren eine gequälte, verkrampfte, schmerzhafte Ewigkeit, nicht einmal eine Erleuchtung oder Erfahrung, physikalisch gesehen und mathematisch war es ein riesiges Nichts, ein riesiges schwarzes Loch, eine Leere, ein Vakuum, Antimaterie … Damals waren sie noch so jung, rebellische, unruhige und neugierige Heranwachsende mit einem maßlosen, unverschämten Berg von Utopien, Hoffnungen und Illusionen … Und es war gut so! Irgendwie leicht und frei … Frei von Ängsten, Verfolgung und Vertreibung.



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